Freiberufliche Arbeit im Clinch mit sozialem Umfeld

Freiberufliche Autorenarbeit birgt im sozialen Umfeld Risiken, weil Mitmenschen oft nicht erkennen können oder wollen, ob der zuhause oder sonstwo arbeitende Freiberufler im Freizeitmodus ist oder arbeitet.  Freiberufliche Arbeit gilt bei vielen Außenstehende als stets unterbrechbar, weil … , ja warum eigentlich?

Habt ihr schon mal einen langen Artikel für eine Fachzeitschrift geschrieben, beispielsweise über das Thema, wo steht die analoge Fotografie heute? Nein?! Okay. Steigt man in so ein Thema hinein, stellt sich der gesamte Sachverhalt zunächst als kompliziertes Labyrinth aus zunächst nur schwer in eine Struktur zu bekommende Fülle aus verschiedensten Informationen dar. Viele Infos sind zunächst gar nicht einzuordnen und die Zusammenhänge werden nicht verstanden.

Jetzt ist störungsfreies Arbeiten angesagt

Bei der Recherche und den ersten Formulierungen entsteht zunächst einmal viel zu viel Text ohne  Struktur, aber dabei auch allmählich ein tieferes Verständnis für das gesamte Thema. Dann gilt es diese vielen Fragmente zu sortieren, zu kürzen und zu abstrahieren und zu einer flüssigen Darstellung zusammenzufassen, Illustration zu erstellen, seien dies Fotos oder Grafiken und Bildunterschriften. In so einer Phase der Recherche, des Formulierens, der Gespräche mit Akteuren im Markt und in der Industrie, des Lesens von Fachliteratur und des gedanklichen Entstehens eines Gerüstes bleibt nicht viel Zeit für anderes. Nicht, dass der Alltag darauf Rücksicht nimmt: Das Auto geht kaputt, einige Tage Krankheit schieben sich dazwischen, der Warmwasserbereite fällt aus, weswegen der Sanitärinstallateur erscheint. So eine Entstehungsphase kann zerlöchert sein wie ein Schweizer Käse und deswegen verläuft sie nicht in einem Guss.

Viel chaotischer Text ist zu kürzen und zu abstrahieren.

Konzentration erforderlich. Bitte nicht stören!

Am liebsten würde man sich in so einer Phase an einen geschützten Ort (wohin?) zurückziehen, an dem man ungestört arbeiten kann, um nicht ständig sagen zu müssen: „Lasst mich jetzt bitte in Ruhe!“, womit in keinster Weise eine persönliche Zurückweisung der entsprechenden Personen gemeint ist, die man ja mag, sondern schlichtweg die Bitte darum, einen arbeiten zu lassen, weil man sein Einkommen verdienen muss. Eigentlich verständlich oder?

Wer als freiberuflicher Autor Zuhause oder an einem anderen Ort, beispielsweise im Schrebergarten oder auf einem Boot, in legerer Freizeitkleidung stets gleich aussieht und somit über keine wirksamen optischen Signale verfügt, die alle Menschen in der eigenen sozialen Umgebung verstehen, gerät man in der Phase leicht zum Oberarsch bei denjenigen, die das einfach nicht raffen und meinen, dass ein „Störe mich jetzt nicht!“ einer persönlichen Zurückweisung entspricht und deswegen überzogen reagieren, statt kurz aufmunternd zu lächeln und gutes Gelingen zu wünschen.

Kreativer und komplizierter Prozess.

Gutes Nervenkostüm nötig bis hin zur Akzeptanz sozialer Verluste

Wenn man Leute mag, aus der Familie, Freunde und Bekannte und feststellt, dass einzelne von ihnen so dermaßen von der Dramatik ihres eigenen Lebens gefangen sind, dass sie Null Verständnis haben für mitunter nur temporär bestehende Anspannungen und Belastungen bei anderen und diese auch gar nicht sehen (wollen), tut das weder der Freundschaft noch dem Entstehungsprozess eines Artikels gut. Die Arbeit dauert deswegens länger, macht weniger Spaß und bringt unterm Strich weniger. Die Kämpfe um ein besseres Verständnis und dem Respektieren störungsarmer Zeiten gewinnt man nicht immer. Einige Kontakte gehen leider verloren.

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