Fotoarchiv Gade

Hellmut Münzner

Viele Reise und zahlreiche Fotos für Vorträge an der VHS Duisburg über andere Länder und zur Vorbereitung von Gruppenreisen im Programm der Volkshochschule.

2015 / 2020 / 2023 © Thomas Gade

Teil I Erwerb 2003: ca. 50.000 Dias / 10.000 SW-Negative
Teil II Erwerb 2017: ca. 40.000 Dias / 5.000 SW-Negative

Erwerb des Nachlasses

2003 entdeckte ich diverse Konvolute aus dem Münzner Nachlass bei Ebay. Es wurden einzelne alte Zigarrenkisten gefüllt mit Dias angeboten. Nach dem Erwerb einiger, kontaktierte ich den Anbieter, um mehr über den gesamten Bestand zu erfahren. Gisela Münzner, die Witwe des 1991 verstorbenen Hellmut Münzner, hatte die Fotos dem Trödelhändler W. Middecke 1992 mit allen Rechten überlassen. Grund: Die Bilder lagerten in zwei angemieteten Garagen, die geräumt werden mussten. Die Übergabe erfolgte aufgrund einer langjährigen Bekanntschaft mit der Familie Münzner formlos.

Middeckes Mutter hatte im gleichen Haus wie die Münzners gelebt.

Er benötigte 70 Bananenkisten für den Abtransport. Neben den Dias gab es zwei Kisten mit Blechdosen, die jeweils mehrere aufgerollte Schwarzweißfilme enthielten. Im Laufe der Zeit hatte Middecke die Dias stichprobenartig gesichtet und eine Liste mit Ländern und ungefähren Bildmengen erstellt. Er gab an, dass es ursprünglich rund 100.000 Dias waren. Einige hatte er bereits veräußert oder entsorgt.

Die Aufteilung dieses umfangreichen Werks in zahlreiche kleine Konvolute hielt ich für falsch. Er unterbreitete mir ein Angebot für alle Fotos. Für 3000 € brachte er mir 30 Bananenkisten gefüllt mit Zigarrenkisten voller Dias und zwei große Kartons randvoll mit Filmdosen, die jeweils bis zu 15 Schwarzweissfilme enthielten.

Als die staubigen Behälter in meiner 2-Zimmerwohnung standen, beschlichen mich Zweifel. Wieso hatte ich mich darauf eingelassen? Ihre Sichtung und Erschließung würde viel Zeit in Anspruch. Deshalb reagierte ich nicht auf die Bemerkung Middeckes, dass ungefähr die gleiche Menge Bilder noch bei ihm stand. Zwar hatte ich alle erworben, aber nur die Hälfte erhalten.

Das blieb einige Jahre trotz eines losen Kontakts unbeachtet, aber 2017 (14 Jahre später) lieferte Middecke mir 16 weitere Bananenkisten. Beim Sichten der Nachzügler stellte sich heraus, dass die meisten Dias in ihnen im Verlaufe der Jahre durch ungünstige Lagerung stark beschädigt waren. Deshalb verzichtete ich auf die letzten 15, bei denen ein ähnlicher Zustand zu vermuten war.

Der Verkäufer der Dias wußte auch einiges über Münzner, weil seine Mutter im gleichen Haus wie die Münzners gelebt hatte und er mit der Nachlassauflösung beauftragt wurde. 2017 erhielt ich vom Verkäufer den noch bei ihm befindlichen restlichen Nachlass, in dem viele Dias durch eine ungünstige Lagerung allerdings bereits verdorben waren.

Hellmut Münzner reiste viel und war ein fleißiger Amateurfotograf. Er hinterließ ca. 100.000 gerahmte Dias und rund 15.000 Negative. Bemerkenswert sind seine zahlreichen Reisen nach Israel und in andere nahöstliche Länder zwischen 1955 und 1975. Der großen Anzahl Fotos haftet etwas Mysteriöses an, denn sie sprengt bei weitem das Volumen anderer Amateurfotografen aus Zeiten der analogen Fotografie. Warum fotografierte er so viel? Seine Biografie beantwortet diese Frage.

Lebenslauf

Hellmut Münzner (1906 - 1991) wird in Loschwitz, einem Dresdner Stadtteil, geboren. Er absolviert eine Ausbildung zum Volksschullehrer in Zschopau. Es folgt ein weiterführendes Studium an der TH Dresden für das höhere Lehramt in den Fachrichtungen Geographie und Zoologie. In einem Rückblick auf seine Lehrtätigkeit führt Marianne Küderling 1981 in der Zeitschrift WiR aus Hattingen folgende Fächer auf: Sport, Biologie, Geographie, Geologie und Anthropologie. Sie erwähnt außerdem, dass er seit den späten 1950er Jahren an der Programmgestaltung der VHS Duisburg mitarbeitet.

Nach Aufnahme seiner Tätigkeit als Lehrer beginnt 1933 die Zeit des Nationalsozialismus. Münzner, selbst sportlich und aktiver Turner, wird zur Mitarbeit in der HJ Döbeln herangezogen. Aus der Zeit stammen Fotos von jugendlichen Wandergruppen, die unter anderem das Schloss Rochsburg besuchen. Er beendet sein Referendariat als Studienrat in Leisnig und heiratet im März 1939. Nach Ausbruch des Kriegs wird Münzner Soldat und fotografiert Truppenbewegungen, Ortschaften an der östlichen Front sowie Schiffe der Marine.

1945 gerät Münzner bei den Kämpfen um Leipzig in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er kurz nach der Kapitulation entlassen wird. Um einer nachfolgenden Kriegsgefangenschaft durch die Sowjetarmee zu entgehen, kehrt er nicht in seine Heimat in der SBZ zurück, sondern zieht zu seinem Onkel nach Mühlheim an der Ruhr. Als ehemaliges Mitglied der Nationalsozialistischen Partei darf er zunächst kein Lehramt bekleiden, sondern arbeitet als Handwerker und Maurer beim Wiederaufbau der durch Bombenangriffe und Artilleriebeschuss zerstörten Ortschaften. Seine Ehefrau folgt ihm 1946, jedoch lässt sich das Paar 1949 scheiden.

1950 nimmt er als Studienrat am Steinhardgymnasium Duisburg wieder eine Tätigkeit als Lehrer auf. Im gleichen Jahr kommt es zur zweiten Eheschließung mit der deutlich jüngeren Gisela, geb.   Götting. Münzner wird 1957 zum Oberstudienrat befördert und bringt es bis zum Studienrat. Erst mit 69 verlässt er den Schuldienst.

Um 1955 beginnt eine Kooperation mit der Volkshochschule in Duisburg. Das Ehepaar Münzner entwickelt für das Programm der VHS Touren für Reisegruppen. Zur Vorbereitung reisen sie meistens erst alleine in die betreffenden Länder und erkunden die Lage vor Ort. Durch Europa und Kleinasien fahren sie ab etwa 1960 häufig im eigenen VW-Käfer, den H. Münzner bis 1988 nutzt. Unterwegs fotografiert er Land und Leute. Die Aufnahmen verwendet er für Vorträge an der VHS und im Unterricht am Gymnasium. Er ist ein talentierter Vortragsredner, der sein Publikum zu unterhalten versteht.

Die VHS-Reisen begleitet er häufig nur als zweiter wissenschaftlicher Leiter, sodass er nicht immer bei der Gruppe bleiben muss, sondern auch eigene Wege beschreiten kann. Meistens ist seine Ehefrau dabei. Manchmal übernehmen sie gemeinsam die Reiseleitung. Hellmut Münzner spricht Englisch, Italienisch, Französisch und Latein. Mehrmals wird er festgenommen und kann sich mit höheren Sicherheitskräften, die ebenfalls studiert haben und Latein sprechen, in der alten Sprache unterhalten. Diese Gemeinsamkeit hilft ihm aus prekären Lagen.

Münzner reiste meistens mit seiner Frau in Reisegruppen einer Volkshochschule. Er fungierte als Organisator solcher Reisen, während der er sich unterwegs häufig von der Gruppe entfernte, um zu fotografieren. Er wurde mehrmals festgenommen und konnte sich mit den höheren Sicherheitskräften, die studiert hatten und vielfach Latein sprachen, in der alten Sprache unterhalten. Offenbar hat ihm diese Gemeinsamkeit aus prekären Lagen geholfen.


Hellmut Münzner
Hellmut Münzner

Münzner lagerte seine Fotos zuletzt in zwei angemieteten Garage, weil ihm das Aufbewahren der vielen in Glas gerahmten und insgesamt durch die Menge zu schweren Dias zuhause aus statischen Gründen untersagt war. Sein Schwiegersohn, Guido Rünagel, berichtete, dass der Schreibtisch Münzners durch das Gewicht der Dias durchgebogen war.

Leider sind einige Diaserien durch bakteriellen Befall und Pilzbewuchs angegriffen. Beim Sichten musste besonders schadhaftes Material ausgesondert und vernichtet werden. Dazu gehörten auch viele gute Bilder, die nicht mehr zu retten waren. Mit digitalen Bildbearbeitungsmöglichkeiten wurden Defekte retuschiert und ausgeblichene Farben rekonstruiert.



Qualitativ sind Münzners Bilder sehr unterschiedlich. Es gibt wunderbare Bildstrecken neben langweiligen und technisch minderwertigen Bildern. Er hatte die Angewohnheit, aus fahrenden Fahrzeugen wie Reisebussen und Eisenbahnen ganze Filme nur mit vorbeiziehenden Landschaften zu belichten. Der nahe Vordergrund ist verwischt, dahinter gibt es landschaftliche Motive. Darunter sind nur wenige gute Bilder zu finden. Doch gibt es neben solchen Serien eine ganze Menge hervorragender Aufnahmen, vor allem aus den Jahren zwischen 1930 bis 1970.


Diaarchiv: Bananenkisten voller Zigarrenkisten.


Negativarchiv: Zahlreiche Blechdosen mit aufgerollten Filmen

Münzner erstellte aus seinen Bildern Diavorträge. Er ergänzte seine eigenen Aufnahmen mit Repros aus Büchern und Zeitschriften. Bei der Aufarbeitung der Münzner-Bilder wurden die Repros, Diaduplikate und umkopierten Negative aussortiert. Es kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass noch immer einzelne nichtidentifizierte Repros von fremden Bildern in einigen Diaserien sind.


1969 Jordanien - Amman


1950er Sizilien

um 1935 Jungs auf Klassenfahrt. Rochsburg

um 1930 Italien - Markt

1950'er Frankreich

   1980 Rheinland Pfalz - Dampfer

1950'er Spanien - Sevilla

1959 Mailand