Erschließung des fotografischen Nachlasses von Richard Kitschigin
2020 © Thomas GadeZugang: Dezember 2017
Mittelformat Schwarzweiß-Negative (6x6)

Im Konvolut gibt es 8 Kartons voller Schwarzweiß-Negative im Mittelformat (6×6), die einzeln in Pergaminhüllen mit jeweils individuellen Angaben zum Bild versehen sind. Die Inhaltsangaben wie, 1-50, bedeuten, dass 50 Mittelformatfilme in einem Karton sind. Kitschigin bewahrte pro Film rund 12 Aufnahme. Insgesamt düften die Karton rund 6000 Negtaive enthalten.
Notizhefte mit detaillierten Angaben zu den Fotos


Die Notizbücher waren von guter Qualität, jedoch hatten sie durch den Gebrauch seitens des Fotografen und wohl auch durch andere Einflüsse im Laufe mehrerer Jahrzehnte gelitten. Während des Sichtens der Bilder waren sie auf dem Schreibtisch eher im Wege als eine Hilfe. Deshalb wurden alle gescannt. Ich sah davon ab, ihre Rücken abzutrennen, um den schnellen und bequemen Dokumentenscanner mit Einzugsvorrichtung zu verwenden, weil sich die Einträge über beide aufgeklappte Seiten erstrecken. Außerdem sollten die Originale erhalten bleiben. Deshalb geschah das in Handarbeit mit einem älteren Epson Perfection 3200 Photo Flachbettscanner. Die aufgeklappten Notizbücherbücher mussten fest an das Glas eingepresst werden. Das war eine starke mechanische Belastung für ihre Bindung, aber unumgänglich, um eine gute Scanqualität zu erzielen. Die Notizhefte haben diese Prozedur erstaunlich gut überlebt.
Notizhefte als PDF-Dateien
Mithilfe einer nachträglichen Tonwertkorrektur konnte die Sichtbarkeit der Schrift auf den etwas gelblich gewordenen Seiten verbessert werden. Insbesondere Bleistifteinträge waren auf gelben Zetteln nur schwer zu lesen. Das ließ sich digital verbessern. Danach erwies es sich als große Erleichterung für die weitere Arbeit, die Notizhefte rasch am Computer aufrufen zu können, anstatt die Originale hervor zu kramen und darin zu blättern.Perspektivisch bieten die Dateien die Möglichkeit, sie auf die Rückseite von den dazugehörigen Kontaktabzüge zu drucken, damit die konkrete Bildbeschreibung auch beim Blättern im Negativ Archiv sofort verfügbar ist. Die Dateien erleichtern es, Dritte auf digitalem Wege in die Arbeit einzubeziehen.
Jedes Notizbuch existiert als PDF-Datei in hoher Qualität. Darüber hinaus werden auch die ursprünglichen Dateien von den einzelnen Seiten aufbewahrt. Sie haben jeweils denselben Namen, wie die Signatur zum Film, beispielsweise ‚Kitschigin-VII-31‘. Diese Datei gehört eindeutig zum Film Nr. 31 aus dem Stapel mit der Bezeichnung VII.

Selbstgemachte Schachteln zum Archivieren
Richard Kitschigin hatte sich zum Aufbewahren seiner 6 × 6 Negative Schachteln aus Karton gebastelt. Auf Etiketten zur Bezeichnung der Schachteln stand eine römische Ziffer von I bis VIII, analog zu den römischen Ziffern auf den Notizheften. Alle dazugehörigen Negative wurden einzeln in Pergaminhüllen verpackt und in der exakten numerischen Reihenfolge in diesen Schachteln bewahrt. Sein Aufbewahrungssystem ermöglichte es, jedes Negativ anhand der Einträge in den Notizbüchern und der Nummerierung aller Bilder rasch zu finden.Die Schachteln hatten unterschiedliche Längen. Offenbar hatte Kitschigin sie exakt für die Länge des Stapels der dazugehörigen Negative gebastelt. Man kann deshalb davon ausgehen, die Schachteln erst nach der gesamten zu einer römischen Ziffer gehörigen Bilderproduktion entstanden. Die ursprünglich verwendeten Pergaminhüllen waren vergilbt und die Pappschachteln waren teilweise eingerissen und brüchig geworden.
Zwischen 2019 und 2021 wurden alle Negative in Ablagehüllen aus Polypropylen von Hama umgesteckt. Die alten Pergaminhüllen und Schachteln konnten daraufhin entsorgt werden. Es war jedoch reizvoll, einige dieser Schachteln aufzubewahren. Dazu mussten sie teils neu verleimt und haltbarer gemacht werden.
Die Idee kam mir während einer Arbeit mit Epoxydharz. Im Anmischgefäß blieb ein verwertbarer Rest übrig, der allerdings schnell verbraucht werden musste, bevor das Kunstharz aushärtete. Damit strich ich alle Seiten einer Pappschachtel. Das Ergebnis war unschön. An manchen Stellen sickerte das Kunstharz in das Papier ein und hinterließ eine raue Oberfläche, während sie an anderen glatt war. Das Material wurde dadurch sehr dunkel, als ob es mit Wasser getränkt war. Schöne Ergebnisse ließen sich jedoch erzielen, wenn der Karton zuvor zweimal mit einem Holzleim gestrichen wurde und erst danach eine dünne Schicht Kunstharz folgte.

Links: Unschöne Oberfläche nach Auftrag von Epoxydharz.
Rechts: Besseres Ergebnis nach zwei Anstrichen mit Holzleim gefolgt von einer dünnen Schicht Epoxydharz.
Holzleim und Epoxydharz enthalten keine Lösungsmittel und ihnen entweichen im Laufe der Zeit auch keine Weichmacher. Nach dem Aushärten des Kunstharzes kann man Fotomaterial in solchen Behältern aufbewahren, die allerdings nicht mehr atmungsaktiv sind. Dafür schützen sie den Inhalt sicher, wenn neben ihnen eine Kaffeetasse umkippt, weil sie so sicher vor Feuchtigkeit schützen wie ein Plastikgefäß.
Neue Negativhüllen aus Polypropylen
Zwischen 2019 und 2021 wurden alle Negative in Ablagehüllen aus Polypropylen von Hama umgesteckt. Die Typen Hama ProArchiv 2038 (25 Stück) und 2039 (100 Stück) hatten jeweils zwölf Einsteckfächer für 6x6 Negative oder Dias. Da auf einen 120 Rollfilm, den Kitschigin verwendete, genau zwölf Bilder im Format 6x6 passten, waren diese Hüllen ideal, um die einzelnen Negative filmweise in transparenten Hüllen aus archivfestem Material zusammenzuführen.Leider gab es dieses Material aus der Hama ProArchiv Serie nicht mehr neu zu kaufen, weil es nicht mehr produziert wurde. Die Hüllen wurden nach und nach über eBay und eBay-Kleinanzeigen erworben. Die alten Pergaminhüllen und Schachteln konnten daraufhin entsorgt werden. Es war jedoch reizvoll, wenigstens zwei dieser Schachteln aufzubewahren. Dazu mussten sie irgendwie stabilisiert und konserviert werden.

Umstecken aus den alten Hüllen in neue transparente Hüllen aus Polypropylen. Sie ermöglichen eine bessere Sichtung auf dem Leuchttisch und das Anfertigen von Kontaktabzügen. Die eindeutige Beschriftung und Zuordnung zu den Einträgen in den Notizbüchern blieb erhalten.
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